Existenzangst der Hebammen wegen fehlender Berufshaftpflicht

Aktuell sehen sich viele Hebammen vor dem Ende ihrer Berufsausübung. Grund dafür sind die Haftpflichtproblematik und die rasant steigenden Prämien für die Versicherung. Freiberufliche Hebammen arbeiten derzeit in besonders prekären Verhältnissen und viele sehen sich vor dem Ende ihrer beruflichen Tätigkeit auf dem Gebiet der Geburtshilfe. Dies hat aber nicht nur zur Folge, dass eine Gruppe von Menschen ihren Beruf nicht mehr ausüben kann. Eine weitere Konsequenz ist, dass die Zahl der Angebote im so wichtigen Geburtshilfebereich stetig schrumpft und viele Frauen in der Nähe ihres Wohnortes keine geeignete Hebamme mehr finden können. Aus diesen Gründen hat der Deutsche Bundestag diese Problematik zur Diskussion gestellt und die Regierung zu einem sofortigen Handlungsbedarf aufgefordert.

Die Problematik der steigenden Haftpflichtversicherungsprämien

In Deutschland gibt es derzeit von insgesamt 21.000 tätigen Hebammen rund 3.500 freiberuflich arbeitende Frauen, die diese Form der Geburtshilfe ausüben. Damit leisten jene Hebammen einen wichtigen Beitrag, um werdenden Müttern die freie Wahl zu überlassen, wo und mit welcher Begleitung sie ihre Kinder auf die Welt bringen möchten.

Doch immer mehr freiberufliche Hebammen geben ihren Beruf gänzlich auf, da die Kosten für die Berufsausübung immer höher werden. Die so wichtige Haftpflichtversicherung und ihre Prämien steigen stetig. Vergleicht man die Zahlen etwas genauer, dann ist die Prämie für die Gruppen-Haftpflichtversicherung des DHV in den Jahren 1998 bis 2010 von 394 Euro auf beeindruckende 3.689 Euro gestiegen. Geplant ist eine weitere Kostensteigerung in diesem Jahr, nämlich auf 5.000 Euro. Für das Jahr 2015 hat die Nürnberger Versicherung angekündigt, aus den Gruppenverträgen für die im DHV oder im BfHD organisierten Hebammen auszusteigen, was erneut eine Kostensteigerung für freiberuflich tätige Hebammen bedeutet. Sieht man sich die Zahlen an, wird klar, dass diese Änderungen für Hebammen eine existenzielle Bedrohung darstellen und es in Zukunft für immer weniger Menschen möglich sein wird, diesen Beruf auszuüben.

Lösungsmodelle sind gefragt

Insgesamt steigen die Versicherungsprämien nicht nur für freiberufliche Hebammen, sondern auch für Krankenhäuser mit angestellten Hebammen sowie Gynäkologen und Gynäkologinnen. Nicht die Zunahme von Schadensfällen auf dem Gebiet der Geburtshilfe ist für das Ansteigen der Versicherungsprämien verantwortlich, sondern der Anstieg individueller Schadenssummen. Versicherungen begründen den Anstieg ihrer Prämien durch die steigende Lebenserwartung der Kinder, die mit Geburtsschäden auf die Welt gekommen sind. In diesen Fällen müssen längere Zahlungen für Schäden oder Schmerzensgeld von den Versicherungen geleistet werden. Hierzu zählen auch Rentenzahlungen oder Kosten für die Pflege sowie für eine weitere medizinische Versorgung der Kinder.

Für Versicherungsunternehmen ist die Haftpflichtversicherung für Hebammen deshalb unattraktiv und wird im Schadensfall gerne gekündigt. Der Bundestag fordert daher die Regierung dazu auf, ein Lösungsmodell für diese Problematik zu entwickeln, um einen leistbaren Fortbestand des Geburtshilfeberufes zu gewährleisten. Dabei stehen Modelle in Diskussion, die für die schrittweise Herabsetzung der Versicherungsprämien plädieren. Zum einen durch die Beschränkung der Höhe von Regressforderungen für Rehabilitations-, Pflege- und Rentenkosten. Auch soll ein durch hauptsächlich von Steuergeldern finanzierter Fond eingeführt werden, der Kosten, die eine Haftungsobergrenze von Haftpflichtversicherungen übersteigt, abdecken soll. Sicher ist, dass dringender Handlungsbedarf in dieser Angelegenheit besteht, da viele Geburtshäuser bereits geschlossen haben oder kurz vor dem Ende einer Nahversorgung für werdende Mütter stehen. Auch ist die Weiterversorgung von Hebammen, die ihren Beruf beenden müssen, noch nicht geregelt.

Mitte März 2014 befasste sich der Deutsche Bundestag mit einem Antrag „Geburtshilfe heute und in Zukunft sichern – Haftpflichtproblematik bei Hebammen und anderen Gesundheitsberufen entschlossen anpacken“ unter der Drucksachennummer 18/850. Diesen können Sie hier kostenfrei herunterladen.

Geburtshilfe heute und in Zukunft

2 Antworten auf „Existenzangst der Hebammen wegen fehlender Berufshaftpflicht“

  1. Thomas Kujawa sagt:

    ein aktueller Beitrag einer Hebamme:

    https://www.vonguteneltern.de/stirb-langsam-hebamme/

    „Während also manche Leute noch immer die Lage der Hebammen beobachten, beobachten die Hebammen schon längst die Auswirkungen der ganzen Misere. Ob es nun die auf die Geburtshilfe oder auf die Betreuung vor oder nach der Geburt sind. Es wird sich definitiv nichts bessern für Familien, wenn der Beruf der freien Hebamme so langsam, aber mittlerweile sehr sicher, ausstirbt.“

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