Fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen bei jungen Patienten werden möglich

Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), das voraussichtlich Mitte Mai 2019 in Kraft tritt, fallen die Kosten für fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen für junge Patientinnen und Patienten mit Krebs in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen. Die Regelung geht auf eine Initiative der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. und der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs (DSfjEmK) zurück. Bevor die Kosten für die Kryokonservierung in der täglichen Praxis von den Kassen übernommen werden, muss der Gemeinsame Bundesausschuss allerdings noch eine Richtlinie erlassen.

Krebs mittlerweile gut behandelbar und oft heilbar

Die Diagnose Krebs führt heute bei ca. 80 Prozent der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu einer Heilung. Alle Patienten leiden dennoch sehr oft unter den Langzeitfolgen der Behandlung. Ein normales Leben zu führen, ist gerade für junge Patienten recht schwierig. Ein großes Problem ist nach der Behandlung mit Chemo- oder Strahlentherapie u. a. der mögliche Verlust der Fruchtbarkeit. Zwar ist es möglich, durch Maßnahmen wie der Kryokonservierung von Ei- und Samenzellen sowie von Keimzellgewebe die Chance auf eigene Kinder zu erhalten. Bisher mussten die jungen Patientinnen und Patienten (oder ihre Angehörigen) jedoch selbst für die Finanzierung aufkommen. Dabei waren viele der Betroffenen nicht in der Lage, die notwendigen Mittel von bis zu 4.300 Euro aufzubringen.

„Vielen jungen Krebspatientinnen und -patienten wurde damit die Chance auf eigene Kinder genommen, weil ihnen oder ihren Familien schlicht das Geld dafür fehlte“, erklärt Prof. Dr. med. Diana Lüftner, Vorstand der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs, Mitglied im Vorstand der DGHO und Oberärztin an der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie an der Charité Universitätsmedizin Berlin. „Mit dem Inkrafttreten des Terminservice- und Versorgungsgesetzes wird diese Ungerechtigkeit nun endlich beseitigt.“ Denn mit dem TSVG wird eine wesentliche Änderung im Sozialgesetzbuch V beschlossen, wonach die Kosten für die Kryokonservierung von Ei- und Samenzellen sowie Keimzellgewebe von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, wenn sich Patientinnen oder Patienten einer keimzellschädigenden Therapie unterziehen müssen.

Die DGHO und die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs haben das Thema über Jahre hinweg beharrlich auf die gesundheitspolitische, mediale und öffentliche Agenda gebracht. Ein wichtiger Schritt war die gemeinsame Publikation des 11. Bandes der Gesundheitspolitischen Schriftenreihe der DGHO „Vom Krebs geheilt, aber nicht gesund. Keine Hoffnung auf eigene Kinder“ (2017).

Wer profitiert von der neuen Regelung?

Der neugefasste §27a Abs. 4 SGB V ermöglicht fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen für Mädchen und Frauen bis zum vollendeten 40. Lebensjahr und für Jungen und Männer bis zum vollendeten 50. Lebensjahr. Eine Altersgrenze nach unten sieht das Gesetz nicht vor. Damit sind grundsätzlich etwa 11.000 Mädchen und Frauen sowie 22.000 Jungen und Männer eingeschlossen, die in Deutschland jährlich nach Zahlen des Zentrums für Krebsregisterdaten an Krebs erkranken. Jedoch müssen glücklicherweise nicht alle von ihnen eine keimzellschädigende Therapie erhalten. Die Fruchtbarkeit kann bei Jugendlichen nach der Pubertät mit den gleichen Methoden wie bei den Erwachsenen erhalten werden. Der Gesetzgeber hat Kinder jedoch von vornherein in die Regelung eingeschlossen. Darüberhinaus profitieren nicht nur Krebspatientinnen und -patienten. Auch andere Betroffene werden entlastet, wenn Sie sich z. B. im Rahmen der Behandlung von Autoimmunerkrankungen, Sichelzellkrankheiten oder Thalassämie einer keimzellschädigenden Therapie unterziehen müssen.

Mit Blick auf die praktische Umsetzung durch die Krankenkassen macht Prof. Dr. med. Mathias Freund, Vorsitzender des Kuratoriums der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs und Mitglied im Beirat der DGHO, auf die noch anstehenden Herausforderungen aufmerksam: „Wir sind sehr stolz auf das, was wir gemeinsam mit der DGHO und vor allem mit den engagierten Betroffenen erreicht haben. Dennoch liegt nach Inkrafttreten des Gesetzes Mitte Mai noch Arbeit vor uns. Die Richtlinien zur Durchführung der Gesetzesregelung müssen vom Gemeinsamen Bundesausschuss erarbeitet und festgeschrieben werden.“

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