Häusliche Pflege darf anders vergütet und gefördert werden

Dem Wunsch selbstbestimmt zu Hause alt werden zu können und häusliche Pflege zu nutzen oder sich für ein betreutes Wohnen bzw. ein Pflegeheim für die letzten Jahre zu entscheiden, fördert der Gesetzgeber unterschiedlich. Während die häusliche Pflege, in der Regel durch Angehörige oder angestellte Assistenten mit ambulanter Unterstützung durch z.b. Pflegedienste erbracht werden, wird die Betreuung und Pflege in entsprechenden Einrichtungen durch Fachkräfte geleistet. Das Bundesverfassunggericht hatte nun eine Verfassungsbeschwerde von einer Mutter und ihrer Tochter zu beurteilen, die sich gegen die unterschiedliche Höhe von Pflegesachleistung und Pflegegeld bei häuslicher Pflege richtete.

Erfolglos – wie das Bundesverfassungsgericht am 26.3.2014 entschied

Mit dem Urteil 1 BvR 1133/12, welches am 17.4.2014 veröffentlicht wurde, stellte das Gericht klar, dass der Gesetzgeber die Freiheit hat, das System der Pflege so zu gestalten, dass der Pflegebedürftige zwischen Pflege in häuslicher Umgebung oder durch externe Pflegehilfen oder durch selbst ausgewählte Pflegepersonen wählen kann. Das Ziel des Gesetzgebers sei es dabei, bei Sicherstellung einer sachgerechten Pflege die Möglichkeit der häuslichen Pflege zu fördern und ihr Vorrang vor stationärer Unterbringung zu geben.

Das Gericht stellte klar, dass die geringeren Geldleistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung bei häuslicher Pflege durch Familienangehörige gegenüber den Geldleistungen beim Einsatz bezahlter Pflegekräfte nicht gegen das Grundgesetz verstoßen. Weder der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) noch der Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) erfordert eine Anhebung des Pflegegeldes auf das Niveau der Pflegesachleistung.

Wer bekommt Pflegegeld?

Mutter und Tochter pflegten zu Hause Ehemann und Vater, welcher zuletzt in Pflegestufe 3 war und ein entsprechendes Pflegegeld erhielt. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sah der private Versicherungsvertrag vor, dass bei gleicher Pflegestufe das Pflegegeld in geringerer Höhe als der Wert der entsprechenden Sachleistung gewährt wird. Der Gesetzgeber hat mit der unterschiedlichen finanziellen Ausgestaltung entgegen dem Vortrag der Beschwerdeführerinnen weder einen Anreiz für Familienangehörige geschaffen, sich der familiären Pflege zu entledigen, noch bestraft er willkürlich den Wunsch Angehöriger zur familiären Pflege.

Zwar ist der Anreiz zur Pflegebereitschaft umso größer, je mehr der Staat an finanzieller Unterstützung bereitstellt.
Daraus erwächst aber kein Anspruch auf finanzielle Förderung oder auf Anhebung des Pflegegeldes auf den Wert der Sachleistung.

Pflegegeld ist kein Lohn für die Angehörigen

Das Pflegegeld ist nicht als Entgelt ausgestaltet. Es soll vielmehr im Sinne einer materiellen Anerkennung einen Anreiz darstellen und zugleich die Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung der Pflegebedürftigen stärken, indem diese das Pflegegeld zur freien Gestaltung ihrer Pflege einsetzen können. Während der Zweck der sachgerechten Pflege im Fall der Pflegesachleistung nur bei ausreichender Vergütung der Pflegekräfte durch die Pflegekasse sichergestellt ist, liegt der Konzeption des Pflegegeldes der Gedanke zugrunde, dass familiäre, nachbarschaftliche oder ehrenamtliche Pflege unentgeltlich erbracht wird.

Der Gesetzgeber darf davon ausgehen, dass die Entscheidung zur familiären Pflege nicht abhängig ist von der Höhe der Vergütung, die eine professionelle Pflegekraft für diese Leistung erhält. Die gegenseitige Beistandspflicht von Familienangehörigen rechtfertigt es, das Pflegegeld in vergleichsweise niedrigerer Höhe zu gewähren.

Der Gesetzgeber darf die Förderung des familiären Zusammenhalts vielmehr auch dadurch verwirklichen, dass er den Pflegebedürftigen die Wahl zwischen den verschiedenen Formen der Pflege lässt, und wegen der besonderen Pflichtenbindung von Familienangehörigen das Pflegegeld lediglich als materielle Anerkennung vorsieht.

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