Heute am 11. 11.2014 verkündete der Europäische Gerichtshof (EUGH) in der Rechtssache Elisabeta Dano, Florin Dano / Jobcenter Leipzig sein Urteil mit dem Aktenzeichen AZ C-333/13. Vorrausgegangen waren mehrere Prozessjahre und Gerichtsebenen. Gegenstand der Klage war ein Antrag auf Hartz 4 der Mutter im Jobcenter Leipzig. Dieses lehnte den Antrag mit dem Hinweis ab, dass die Klägerin sich mit ihrem Sohn schon mehrere Jahre in Deutschland aufhält und weder bisher in ihrem Heimatland noch in Deutschland erwerbstätig war. Das Jobcenter Leipzig ging zum Zeitpunkt der Antragsstellung davon aus, dass Frau Dano auch nicht mit der Absicht der Jobsuche nach Leipzig gekommen war.
Bereits am 20. Mai 2014 hatte der Generalanwalt Melchior Wathelet in seinem Schlussantrag klargemacht, dass seiner Ansicht nach Deutschland den Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines allgemeinen Kriteriums, mit dem das Fehlen einer tatsächlichen Verbindung mit dem Aufnahmemitgliedstaat nachgewiesen wird, „Sozialleistungen für hilfebedürftige Arbeitsuchende“ zu verweigern. Er führte aus, dass Deutschland Personen von solchen Leistungen ausschließen kann, die einzig und allein mit dem Ziel kommen, eine Beschäftigung zu suchen oder Sozialhilfe zu beziehen.
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Urteil des EUGH folgt Schlussantrag des Generalanwalt
Der Europäische Gerichtshof bestätigt im wesentlichen den Tenor des Schlussantrages und urteilt, dass nicht erwerbstätige Unionsbürger, die sich allein mit dem Ziel, in den Genuss vonSozialhilfe zu kommen, in einen anderen Mitgliedstaat begeben, können von bestimmten Sozialleistungen ausgeschlossen werden. Die deutsche Grundsicherung nach dem SGB II soll vorrangig Menschen bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen und Leistungsberechtigten einen menschenwürdigen Lebensunterhalt sichern. Ausländer, die nach Deutschland einreisen, um Sozialhilfe zu erhalten, oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt sind von den Leistungen der Grundsicherung ausgeschlossen, die insbesondere zur Sicherung des Lebensunterhalts ihrer Empfänger dienen.
Der EUGH entscheidet in Beantwortung der Fragen des Sozialgerichts Leipzig, dass Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten eine Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaats hinsichtlich des Zugangs zu bestimmten
Sozialleistungen (wie den deutschen Leistungen der Grundsicherung) nur verlangen können, wenn ihr Aufenthalt die Voraussetzungen der „Unionsbürgerrichtlinie“ erfüllt. Laut Unionsbürgerrichtlinie kann man sich bis zu 3 Monaten in einem anderen EU-Land als das seiner Staatsbürgerschaft aufhalten. Jeder Aufnahmemitgliedstaat ist nach der Unionsbürgerrichtlinie nicht verpflichtet während der ersten drei Monate des Aufenthalts Sozialhilfe zu gewähren. Will man länger als 3 Monate aber unter 5 Jahre bleiben (wie im Fall von Frau Dano), muss man über genügend eigene Mittel zur Existenzsicherung verfügen. Die Richtlinie verweist dort gerade darauf, dass das vor allem nicht erwerbstätige Personen betrifft.
Hintergründe zum Urteil aus der Begründung des EUGH
Frau Dano ist nicht nach Deutschland eingereist, um dort Arbeit zu suchen. Sie beantragt Leistungen der Grundsicherung, die Arbeitsuchenden vorbehalten sind, obwohl sie sich, wie aus den Akten hervorgeht, nicht auf Arbeitsuche begeben hat. Sie hat keinen erlernten oder angelernten Beruf und war bislang weder in Deutschland noch in Rumänien erwerbstätig. Sie und ihr Sohn leben mindestens seit November 2010 in Deutschland, wo sie bei einer Schwester von Frau Dano wohnen, die sie mit Naturalien versorgt. Frau Dano bezieht für ihren Sohn Florin Kindergeld in Höhe von monatlich 184 Euro und einen Unterhaltsvorschuss in Höhe von monatlich 133 Euro. In Bezug auf Frau Dano und ihren Sohn führt der Gerichtshof aus, dass sie nicht über ausreichende Existenzmittel verfügen und daher kein Recht auf Aufenthalt in Deutschland nach der Unionsbürgerrichtlinie geltend machen können.