Ob privat oder gesetzlich krankenversichert ist heute oft (k)eine Entscheidung des Geldes. Hat man sich entschieden oder musste bewusst eines der beiden abwählen bzw. ausschließen, steht und fällt alles mit der Gestaltung des Versicherungsvertrages bzw. der Versicherungsbedingungen. Im Expertentelefon zu „Kostenfalle private Krankenversicherung“ am 17.10.2013 wurden als wichtig folgende Leserfragen gestellt:
1. Ich bin 52 Jahre alt, die Beiträge zur privaten Krankenversicherung für mich und meine Familie wurden in den letzten Jahren exorbitant erhöht. Was ist der Grund dafür und wie kann ich mich dagegen wehren?
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Harald Leissl, Fachwirt Finanzberatung, seit 1979 selbstständig in der Finanzberatung. Seit 2008 Gründer und Mitinhaber von beitragsoptimierung24.de, ein Versicherungsberatungsunternehmen, das sich ausschließlich auf die Tarifwechselberatung zur privaten Krankenversicherung spezialisiert hat: Neue Behandlungsmethoden und eine steigende Lebenserwartung führen zu medizinischem und sozialem Fortschritt und somit zu steigenden Kosten. Wehren kann man sich gegen die Beitragssteigerungen gegebenenfalls über einen Tarifwechsel innerhalb der Gesellschaft. Jeder privat Krankenversicherte hat das Recht dazu. Dabei sollte unbedingt das bisherige Leistungsniveau beibehalten werden. Sinnvoll ist ein Tarifwechsel besonders dann, wenn man schon zehn Jahre und länger privat krankenversichert ist.
2. Ich bin 48 Jahre alt. Mein Versicherungsmakler hat mir kürzlich vorgeschlagen, angesichts meiner stark gestiegenen PKV-Beiträge eine unverbindliche Analyse durchzuführen, um mir gegebenenfalls einen kostengünstigeren Tarif bei meiner Versicherung zu empfehlen. Als Ergebnis des Beratungsgesprächs empfahl er mir allerdings dann, zu einer anderen Versicherungsgesellschaft zu wechseln. Was empfehlen Sie mir?
Harald Leissl: Von einem Wechsel zu einer anderen Versicherungsgesellschaft rate ich Ihnen grundsätzlich ab. In der Regel verlieren Sie bei einem solchen Wechsel alle angesparten Alterungsrückstellungen. Es empfiehlt sich eher ein Tarifwechsel. Die Analyse des Tarifes ist jedoch kompliziert. Es müssen sehr viele einzelne Tarifmerkmale miteinander verglichen und dann auch noch bewertet werden. Wir haben beispielsweise eine eigene Datenbank aufgebaut, mit der bis zu 700 einzelne Merkmale verglichen werden.
3. Ich bin heute 56 Jahre alt und habe inzwischen leider einige chronische Erkrankungen, die ich nicht hatte, als ich damals in die private Krankenversicherung gewechselt bin. Was können Sie mir empfehlen, um meine sehr hohen Versicherungsbeiträge zu senken?
Harald Leissl: Aktuelle Erkrankungen sind kein Hindernis für einen Tarifwechsel. Denn privat Krankenversicherte haben bei einem solchen Wechsel Anspruch darauf, in der Risikoprüfung so eingestuft zu werden, wie man seinerzeit beim Eintritt in die private Versicherung eingestuft wurde – ohne Rücksicht auf den heutigen Gesundheitszustand.
4. Es gibt viele Anbieter, die den privat Versicherten gegen Honorar Hilfe beim Tarifwechsel anbieten. Meine Krankenversicherung hat mir unter Verweis auf die Kosten von dieser Beratung generell abgeraten. Woran kann ich denn einen seriösen Beratungsanbieter erkennen?
Michael Jungblut, Wirtschaftspublizist, von 1977 bis 1986 Leiter der Wirtschaftsredaktion der ZEIT, von 1986 bis 2002 Leiter der Wirtschaftsredaktion des ZDF und langjähriger Moderator von WISO; Herausgeber des Wirtschaftsmagazins „SteuerSparMagazin“: Der Berater sollte ein mindestens gleiches Leistungsniveau garantieren. Dazu sollte ein Vergleich der Leistungen im Alt- und im Neu-Tarif exklusive Mehrleistungen vorgelegt werden. Mehrleistungen sollten dann über die Beantwortung von Gesundheitsfragen umgesetzt werden. Oft kann der Berater sogar die ein oder andere „Mehrleistung“ nachverhandeln. Dann spielt natürlich noch die Qualität der Ergebnisdokumentation eine große Rolle. Achten Sie auf den Vergleich und die Bewertung einzelner Tarifmerkmale. Achten Sie auch darauf, wie das Honorar berechnet wird. Ehrlich ist eine Honorarberechnung, die vor allem die Veränderung bei der Selbstbeteiligung einschließt!
5. Immer wieder liest man von der Einführung einer sogenannten Bürgerversicherung, also einer Aufhebung des „dualen Systems“ zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Was halten Sie davon?
Michael Jungblut: Zunächst einmal sollte man sich nicht davon blenden lassen, wie eine solche Reform heißt. Auf den Inhalt kommt es an – nämlich wie hoch letztlich die Beiträge und wie gut die Leistungen im Vergleich zum jetzigen System sind. Die Erfahrung lehrt, dass staatlich verordnete Einheitssysteme keineswegs besser sind als Vielfalt und Wettbewerb zwischen den Anbietern. Die Menschen sind schließlich nicht alle gleich, sondern haben unterschiedliche Bedürfnisse und Biografien. Es führt daher nicht unbedingt zu mehr Gerechtigkeit und zu einer besseren Versorgung im Krankheitsfall, wenn alle in einen Topf geworfen werden. Aber für die Politik ist es natürlich einfacher, eine Einheitskrankenversicherung zu beschließen, als die vielen Schwachstellen und Fehler im jetzigen System systematisch zu beseitigen.
6. Ich bin Ingenieur, 34 Jahre alt und ledig und würde mit dem Wechsel in eine private Krankenversicherung bei besserer Leistung noch Geld sparen. Raten Sie mir zu einem Wechsel, und wenn ja, was soll ich beachten?
Michael Jungblut: Vordergründig ist ein solches Angebot oft sehr attraktiv: Sie sind gut versichert gegen wenig Geld. Unabhängig von Ihrer jetzigen Situation sollten Sie aber zehn Jahre weiterdenken. Wie sieht Ihr Leben dann aus? Gibt es dann eventuell eine eigene Familie, die Sie mit absichern müssen? Angesichts der langfristigen Beitragsentwicklungen in der PKV kann der heutige „Spartarif“ im Laufe der Jahre ganz schön teuer werden. Wer sich von einer privaten Krankenversicherung tatsächlich günstige Tarife und eine bessere Behandlung im Krankheitsfall erhofft, sollte mit einem seriösen, unabhängigen Berater sprechen, der ihm frei von Provisionsinteressen und vor dem Hintergrund von Alter, beruflicher und familiärer Situation die Vor- und Nachteile im konkreten Einzelfall nennt. Ich persönlich bin übrigens in der gesetzlichen Krankenversicherung geblieben, habe mich aber gegen spezielle Risiken zusätzlich privat abgesichert
7. Ich habe vor, mich demnächst als Freiberufler selbstständig zu machen. Bei meinen Recherchen bin ich auf viele günstige „Einsteigertarife“ in der PKV gestoßen. Was halten Sie von solchen Einstiegstarifen für Neukunden?
Thorulf Müller, Versicherungsexperte mit dem Schwerpunkt Krankenversicherung, Journalist und Betreiber von Presse- und Informationsportalen wie etwa www.der-kvprofi.de: Ein Einsteigertarif ist interessant, wenn man wirklich zu den Optionsterminen in einen Tarif mit entsprechend höherer Zuführung zur Alterungsrückstellung umsteigt. Einsteigertarife sind mit einem sehr niedrigen Sparanteil dotiert, damit man, wenn die Existenzgründung scheitert, nicht Geld verliert. Unter Umständen kann aber die gesetzliche Krankenkasse für einen Existenzgründer die bessere Alternative darstellen, wenn der Erfolg der Existenzgründung mit Risiken behaftet ist.
8. Häufig lese ich den Vorwurf, dass der Tarifwechsel gegen Erfolgshonorar dazu führt, dass der Kunde hinterher eine schlechtere Absicherung hat, weil dadurch die Ersparnis und damit das Erfolgshonorar für den Berater umso höher ausfällt. Was ist aus Ihrer Sicht an solchen Vorwürfen dran – kann ich mich dagegen schützen?
Thorulf Müller: Ob ich mich auf der Basis von Erfolgshonoraren oder auf der Basis der Abrechnung von Zeit oder Fallpauschalen beraten lasse, ist niemals per se gut oder schlecht. Entscheidend ist ausschließlich, ob und wie die Vertragsbedingungen für das Honorar definiert sind. Höhere Selbstbehalte sollten beispielsweise gegen die Ersparnis aufgerechnet werden. Zudem sollte es unbedingt eine verbindliche Zusicherung geben, dass das derzeitige Leistungsniveau mindestens beibehalten wird.
9. Ich habe auf den Webseiten von mehreren Verbraucherzentralen Musterbriefe gefunden, mit denen ich den Wechsel in einen günstigeren Versicherungstarif meiner privaten Kasse selbst beantragen kann. Kann ich mir das teure Beratungshonorar dann nicht sparen?
Thorulf Müller: Leider erleben wir in der privaten Krankenversicherung zu oft, dass Kunden ohne qualifizierte fachliche Begleitung nicht die optimale Lösung erhalten. Ob der Berater seriös arbeitet oder nur maximale Ersparnis für maximale Honorare erzeugen will, erkennt man beispielsweise daran, dass er nicht zum pauschalen Verzicht auf Mehrleistungen rät, sondern versucht, die Mehrleistungen zu relativieren und etwaige Zuschläge zu konkretisieren. Fakt ist, dass jede fachlich qualifizierte Unterstützung besser ist als keine Unterstützung!
10. Ich bin 57 Jahre alt und war 20 Jahre lang privat krankenversichert. Aus gesundheitlichen Gründen steige ich nun auf Teilzeit um, mein Bruttoeinkommen sinkt deutlich unter die Einkommensgrenze zur privaten Krankenversicherung. Kann ich jetzt noch in die gesetzliche Krankenversicherung zurückwechseln?
Franz-Josef Toussaint, in der Hauptverwaltung der Barmer GEK in Wuppertal, zuständig für den Bereich Corporate Marketing. Schwerpunkt ist die Kooperation zwischen GKV und PKV: Nein, für Personen nach Vollendung des 55. Lebensjahres ist die Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren.
11. Ich bin 45 Jahre alt und habe mich fünf Jahre lang in der Selbstständigkeit versucht. Nun läuft es nicht mehr gut, ich werde die Selbstständigkeit wieder aufgeben und mich auf dem Arbeitsmarkt bewerben. Komme ich nun auch wieder aus der privaten Krankenversicherung heraus? Kann ich mich beispielsweise zuerst einmal bei meiner Frau mitversichern, sie ist in der gesetzlichen Krankenversicherung?
Franz-Josef Toussaint: Wenn Sie über keine Einkünfte verfügen, die monatlich 385 Euro übersteigen, ist eine Versicherung im Rahmen der Familienversicherung über Ihre Ehefrau bei der GKV möglich. Üben Sie eine geringfügige Beschäftigung aus, beträgt das zulässige Gesamteinkommen 450 Euro. Wenn Sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, ist eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung möglich.
12. Während meines Studiums musste ich mich selbst krankenversichern und habe mich für eine private Krankenversicherung entschieden. Nun trete ich meinen ersten, nicht gerade üppig bezahlten Job an. Kann ich nun direkt in die Gesetzliche wechseln?
Franz-Josef Toussaint: Sie haben sich während Ihrer Studienzeit von der Versicherungspflicht in der GKV befreien lassen. Mit Beginn Ihrer Beschäftigung und wenn Ihr Einkommen unter der Versicherungspflichtgrenze von derzeit monatlich brutto 4.350 Euro liegt, sind Sie wieder versicherungspflichtig und können mit Beginn Ihrer Beschäftigung Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse werden.