Kind unglücklich in der Kinderbetreuung

Ist ihr Kind unglücklich in der Kinderbetreuung? Haben sie den langersehnten Wunschplatz ergattert und nun gibt es nur Frust und Tränen? Dann haben sie das Recht fristlos den Betreuungsvertrag zu kündigen. Mit dem Az.: 114 C 151/15 hat das Bonner Amtsgericht ein wegweisendes Urteil zur Kinderbetreuung gesprochen. Die Hintergründe zu diesem Urteil:

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Wenn Eltern für ihr Kind nach einem Platz suchen, stehen sie oft vor vielen Herausforderungen. Zum einen soll, wie auch im SGB VIII verankert, das Kind und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen (Kinderbetreuung) zum anderen wünschen sich die Eltern, dass ihre persönliche Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben individueller und leichter erfüllbar wird. Auch, wenn letzteres (auch hier gab es schon Urteile) bei der Platzsuche eigentlich keine Rolle spielen darf, suchen viele vorrangig und aufgrund von persönlichen Gründen die wohnortnahe Betreuungslösung. Das eigentlich wichtige für die Auswahl – das Kitakonzept – spielt von jeher nur eine untergeordnete Rolle. Laut Statistik wählen lediglich 5% aller Eltern den Betreuungsplatz nach dem Konzept aus.

Kommunale Unwegsamkeiten bestehen auch beim Angebot an sich. Eine Vielzahl von Eltern wünschen sie einen Platz in einer institutionellen Kinderbetreuung. Das gleichwertige Angebot der Kindertagespflege, was kommunal angeboten werden kann, wird von manchen Eltern rigeros und ohne Prüfung abgelehnt. In Gesprächen lässt sich manches Vorurteil schnell ausräumen. Und dennoch zeigt die Trenduhr in Richtung Kindertagesstätte. Die Eingewöhnung spielt aber in beiden Betreuungsformen die zentrale Rolle und wird oft erst nach Vertragsabschluss durchgeführt.

Eingewöhnung kann scheitern!

Eines vorweg eine Eingewöhnung kann auch scheitern! Beide Vertragsparteien können hier auch unabhängig voneinander zu unterschiedlichen Urteilen kommen. Eine Eingewöhnung ist kein Zucker schlecken für Kind, Eltern und Kinderbetreuung. Am Ende der Eingewöhnung steht eigentlich der tägliche Besuch in der Kinderbetreuung unter anderem auch mit Mittagsschlaf und die Bindung an die neue(n)/andere(n) Betreuungsperson(en). Ob und wie lange die Eingewöhnung dauert, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Gerade jüngere Kinder ab 1 Jahr kommen vielleicht viel leichter in den Betreuungsalltag als Kinder, die direkt in einen Kindergarten ab 3 Jahre eingewöhnt werden. Bis zur sicheren Bindung an die Betreuungsperson in der Kinderbetreuung bleiben Mama oder/und Papa als bereits bekannte Bezugspersonen und Unterstützung mit im Raum und später in der Nähe.

Vielen Eltern fällt die Eingewöhnung schwer(er) als dem Kind. Oft wird es als erster Schritt weg von zu Hause empfunden. Manche sind irritiert, wenn sich der kleine Wonneproppen ohne „sich nochmal umzudrehen“ Hals über Kopf ins neue Abenteuer stürzt. Andere haben plötzlich das Gefühl das Kind ist noch nicht soweit und wollen alles am liebsten nochmal verschieben. Aber es gibt auch Kinder, die sich aus vielfältigen Gründen nicht eingewöhnen lassen. Das kann natürlich auch an der Kinderbetreuung, an neuen BezugsbetreuerInnen oder an den anderen Kindern bzw. der Gruppen- und Einrichtungsstruktur liegen. Das Warum zu ergründen, ist hier sehr müssig. Immer noch gilt aus zwischenmenschlicher und pädagogischer Sicht, wenn einer der 3 Parteien, Kind, Eltern oder/und Kinderbetreuung unglücklich ist, muss man eine Lösung finden, die im Interesse aller liegt. Es macht keinen Sinn ein Kind gegen seinen Willen in der wohnortnahen Betreuung zu lassen nur, um den Platz nicht wieder herzugeben! Auch andere Betreuungslösungen können eine Rolle beim weiteren Vorgehen spielen!

Vertrag kündigen, wenn Eingewöhnung scheitert

Mit dem Az.: 114 C 151/15 hat das Bonner Amtsgericht entschieden, dass Eltern im Vertrag mit einer privaten Kindertagesstätte benachteiligt wurden. Die Eltern betrachteten die Eingewöhnung als gescheitert und kündigten fristlos den Vertrag während die Kindertagesstätte ihrerseits auf die Kündigungsfristen laut Vertrag bestand. Der Vertrag an sich beinhaltete aber nur ein Kündigungsrecht von Seiten der Kindertagesstätte und nicht von Seiten der Eltern. So ein Vertrag ist ungültig und benachteiligt unangemessen die Eltern als Vertragspartner. Die Bonner Richter weiter: Ist ein Kind in der Kinderbetreuung unglücklich, sind die Eltern nicht an starre Kündigungsfristen gebunden.

Was sich nun auf den ersten Blick wie ein Freibrief für unglückliche Eltern und Kinder liest, ist natürlich im Einzelfall zu prüfen. Wer seine Verträge rechtssicher schließt, berücksichtigt natürlich auch außerordentliche Kündigungsmöglichkeiten für alle Vertragspartner, wie eine gescheiterte Eingewöhnung etc. Aufgrund von Dokumentationspflichten in der Kinderbetreuung kann man sicher im wirklichen Streitfall, ob ein Kind unglücklich ist oder nicht auch noch das ein oder andere Argument entkräften.

Aus der Sicht des Kindes ist so ein Urteil zu begrüßen. Denn ein unglückliches Kind in der Kinderbetreuung ist wirtschaftlich nicht kalkulierbar und konzeptionell nicht zu vertreten. Wenn Einrichtungen jeglicher Art trotz nachgewiesenen Umständen auf Geld beharren, sollte man schnell ein Gespräch über Qualität und Quantität führen.

Aus Sicht eines Dienstleisters und Trägers in der Kinderbetreuung ist es vielleicht an der Zeit die Veträge nochmal zu überprüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten. Qualitative Überlegungen im Konzept sind vielleicht ebenso notwendig und wichtig, wie die Dokumentation der Eingewöhnung.

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