Seit dem 1. Januar 2013 entfaltet die Pflegereform langsam Ihre volle Wirkung. Nicht nur für Pflegebedürftige sondern auch pflegende Angehörige wurden Veränderungen vorgenommen. Neben mehr Pflegegeld für alltagseingeschränkte Menschen gibt es auch mehr Pflegesachleistungen und die Möglichkeit relativ kurzfristig Prüfungen auf eine Pflegestufe durchführen zu lassen. Leider wissen viele Menschen nicht nur, welchen Umfang die Leistungen von der Pflegekasse haben sondern kennen auch nicht die Vielfalt der Dienstleister, die Leistungen rund um den Alltag erbringen.
Wertfrei und objektiv
Im Mittelpunkt steht der Pflegebedürftige. Sei es das eigene Kind, die Mutter, der Bruder oder der beste Freund – die Wünsche und den Willen des Menschen gilt es in seiner Gänze zu erkunden, zu erfassen und umzusetzen. Dabei ist, wie im Falle einer Betreuung, vollkommen egal, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten dieser Mensch hat, hatte oder haben wird.
Wann brauche ich Hilfe?
Den richtigen Hilfezeitpunkt gibt es so auch nicht. Jeder Mensch ist durchschnittlich 3 x in seinem Leben auf Pflege bzw. Assistenz angewiesen. Krankenkassen ermöglichen Ihren Mitgliedern in bestimmten Fällen Haushaltshilfen oder Hausbesuche von qualifizierten Personal. Liegt man z.b. nach einem Unfall im Krankenhaus und kann nicht alleine zur Toilette gehen, wird man die Hilfe des Fachpersonals gerne und schnell annehmen. Anders ist es, wenn Menschen mit fortschreitendem Alter und einer Reihe von Begleiterkrankungen Stück um Stück Fertig- und Fähigkeiten verlieren. Hier ist eine große Portion Fingerspitzengefühl, das regelmäßige Besuchen, Telefonieren und Beobachten unerlässlich, um wirkliche tägliche Hilfebedarfe ermitteln zu können. Dabei kommt es oft vor, dass Angehörige die Situation komplett falsch einschätzen.
Sind die Eltern z.b. nicht mehr gut zu Fuß oder hören scheinbar schlecht(-er), wird manchmal einfach irgendwas nützliches mitgebracht oder gebucht – was dann meistens zu Verdruss auf beiden Seiten führt. Ein plötzlicher und unauthorisierter Eingriff in die Lebenswelt des anderen verletzt dessen Persönlichkeitsrechte und Gefühle führt zu Verunsicherung oft sogar zu Scham und Wut. Das andere Extrem findet sich beim Verlust von geistigen Fähigkeiten: Ein bisschen „Demenz“ kann trotzdem dazu führen, dass sich Mutter und Vater allein zu Hause plötzlich verletzen oder andere schädigen, wie eben ein Kleinkind plötzlich weiß, wie die Tür aufgeht oder das man den Knopf am Herd drehen kann.
Verwitwet und allein?
Wenn der geliebte Partner betagt verstorben ist, bricht für viele Menschen eine Welt zusammen. Selbst, wenn lange und schwere Krankheitsverläufe vorausgehen und Stück um Stück das Lebensende näher rückt, beginnt das eigentliche Verarbeiten und loslassen erst nach der Beerdigung. Kehrt die Ruhe und der Alltag ein zementiert sich das Gefühl des Alleinseins und unter Umständen des nicht mehr gebraucht werden. Vielen Lesern wird jetzt der Sportverein, das Ehrenamt, die Selbsthilfegruppe oder ein Buch als Tip einfallen – jedoch ist es für jemanden, der nie ein Hobby hatte oder selten etwas ohne den Partner gemacht hat, schwer vorstellbar auf diese Art und Weise das Leben noch mal neu und anders zu gestalten. Warten auf den Besuch vom Arzt oder den Pflegedienst, das Erledigen von Besorgungen oder das Fernsehen ist für viele hochbetagte SeniorInnen ein fester Bestandteil des Tages.
Welche Hilfe ist die richtige?!
a) wenn Sie pflegen…
Nicht mir sondern dir muss es gut gehen und du musst dich wohlfühlen. Ein Credo, dass man sich in der Pflege immer wieder ins Gedächtnis rufen sollte. Wie man leben und gegebenenfalls auch alt werden will, muss im Rahmen der gesetzlichen Gegebenheiten jeder für sich entscheiden dürfen. Vom Einkauf über Grundpflege bis hin zum Beschaffen von Hilfsmitteln und der Begleitung zum Arzt – organisieren und machen sie nur das, worum sie ausdrücklich gebeten werden und auch Ressourcen da sind. Überdenken sie bei jedem Einsatz, dass ständige und permanente Hilfen abhängig machen und die Kompetenzen des anderen schneller einschränken können oder sich diese gar nicht erst voll entfalten. Wollen oder können Sie nicht alles selbst machen, ist es vollkommen in Ordnung und kann auch z.b. medizinisch erforderlich sein externe Dienstleister und deren Angebote in Anspruch zu nehmen.
b) wenn gepflegt wird…
Schlägt man die Zeitung auf, liest man regelmäßig, dass Deutschland mit seiner zunehmend überalternden Gesellschaft zum Pflegeheim Europas wird. Schnell entsteht der Eindruck, dass Alltagsbegleiter, Haushaltshilfe, Pflegedienst, Seniorenwohnen und Pflegeheim nicht genug oder/und nur für besser verdienende da sind. JAIN! Natürlich erfordert die Planung von Pflege und Assistenz ein Budget. Wer jedoch nicht ausreichend vorsorgen konnte, wird nicht einfach hinten runter fallen und unversorgt dahin siechen. Die Pflegekassen und das Sozialamt sind zuständig für Pflegesachleistungen, Hilfsmittel, Pflegestufen und finanzielle Hilfen. Das Einzahlen in die Pflegeversicherung ist in Deutschland Pflicht und ermöglicht zumindest im Ansatz Leistungen bei den entsprechenden Stellen zu beantragen. Den Rest regeln die Sozialgesetzbücher.
Je nach Pflegestufe wird ein entsprechendes Pflegegeld gezahlt und Pflegesachleistungen können in Anspruch genommen werden. Ob und von wem man sich dann ganz, stundenweise und bedarfsorientiert helfen lässt, entscheidet der Kunde. Das Hilfesystem in Deutschland ist breit gefächert. Von der karitativen Einrichtung, über ehrenamtliche Unterstützung bis hin zum Anwerben von ausländischen Fachkräften ist alles möglich. Entscheidet man sich für eine polnische Haushaltshilfe hilft es die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Beschäftigung zu finden und anzuwenden. Im deutschen Gesetzes-, Verordnungs- und Vorschriftendschungel gibt es natürlich entsprechende Regelungen. Die Anstellung im Haushalt ist genauso möglich, wie die Vermittlungshilfe einer Agentur zu nutzen, die Ihrerseits die Fachkräfte angestellt hat und zur Verfügung stellt. In beiden Fällen müssen natürlich Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden.
Abschließend sei gesagt, dass die schnelle Hilfe ohne eine gründliche Planung und Vorbereitung im Bereich der Pflege oft mit wesentlich höheren Aufwand und viel mehr Kosten verbunden ist, als Schritt für Schritt nachhaltige Strukturen aufzubauen. Wenn Ihr Arbeitgeber für Sie und Ihren Familienangehörigen einen Familienservice zur Verfügung stellt, ist das Organisieren und Vermitteln bereits erledigt.