Projekt Großfamilie – ein neuer Trend zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Das Deutsche Zentrum für Altersfragen (DZA) bestätigt, das allgemein vorhandene Wissen um die Struktur deutscher Familien. „Der Anteil der älteren Menschen wächst, deren nächtswohnendes Kind weiter als zwei Stunden entfernt lebt“, führt Clemens Tesch-Römer, Leiter des DZA aus. Meist sind es die Kinder, die wegen Liebe, Beruf oder einfach um es ‚anders‘ zu machen, von den eigenen Eltern weggezogen sind. Dies hat gravierende Folgen für das Zusammenleben bzw. den alltäglichen Kontakt, denn dieser findet aufgrund der räumlichen Ferne nicht mehr statt. Kann er nicht, denn Eltern und erwachsene Kinder leben ihr eigenen Leben, sehen sich zu Feiertagen, Familienfesten und rufen sich maximal noch an. Beide Seiten, so zeigen Studien, genießen die gegenseitig gewonnene, neue Freiheit.

Und plötzlich ist alles anders

Was lange Zeit praktisch und sehr angenehm war, ändert sich, wenn die Kinder bzw. die Enkel auf die Welt gekommen sind. Die Großeltern wollen die Enkel aufwachsen sehen, sich mit Rat und Tat in die Erziehung einbringen und die Eltern benötigen aufgrund der landauf, landab nicht bedarfsgerechten Kinderbetreuung tatkräftige Hilfe. Es sind also ganz praktische Gründe, die zur Erstarkung der familiären Verbindung beitragen. Kann dieses neue Familiengefühl, welches auf Seiten der jungen Eltern aus der Not gebohren wird, langfristig Bestand haben?

Kisten packen, Wohnung in der Nähe der Kinder suchen – kann dies für Großeltern, Kinder und Enkelkinder funktionieren? Auf jeden Fall ist es ein großer Schritt, den sich aber immer mehr Ältere trauen. Die Experten bestätigen bereits, dass das Vorhaben Großfamilie, wenn man es richtig anpackt, funktionieren kann. Allein der Wunsch der Großeltern wieder näher bei den Kindern und Enkeln zu sein, ist keine ausreichende Basis und Garantie für ein Gelingen. Die gegenseitigen Vorstellungen von Jung und Alt müssen aneinander und auf die Realität angepasst und an ihr abgeglichen werden. Gegenseitiges Verständnis und nicht zuletzt Toleranz gehören zum Erfolg des Projektes Großfamilie dazu.

40 Jahren haben eine 78-jährige und ihr 73-jähriger Mann in einer Kreisstadt in Thüringen gelebt. Die Tochter und ihre ’neue‘ Familie zogen berufsbedingt von einer Stadt in die nächste und sind nun in der Großstadt Hamburg angekommen. Die frischgebackene Oma erzählt: „Unsere Tochter machte sich beruflich in andere Städte auf. Und wir begannen zu überlegen: Wie können wir in Zukunft realisieren, dass die Familie oft zusammen ist? Als dann unsere Enkeltochter auf die Welt kam, packten wir zusammen und zogen hin.“

Generationenforscher Tesch-Römer sieht sich durch Befragungen bestätigt: „Das in die Nähe ziehen hat in der Regel gute Grundlagen, denn die emotionale Verbundenheit zwischen älter werdenden Eltern und erwachsenen Kindern ist meist da.“ Nicht zuletzt profitieren beide Seiten: Großeltern können sich den Kleinsten widmen und bei der Betreuung unterstützen. Die Jungen wiederum unterstützen beim Einkauf oder in anderen Lebensbereichen, wie es früher bei Großfamilien selbstverständlich war.

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