Bekanntermaßen stellt die Vertrags- und Vergabeverordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) allgemeine Geschäftsbedingungen dar, die bei der Abwicklung von Bauverträgen sehr beliebt sind. Vorteil der VOB/B ist, dass sie abweichend vom und ergänzend zum bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) einen Interessenausgleich zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer schafft. Im Hinblick darauf werden die Regelungen der VOB von den Verdingungsausschüssen aller zwei Jahre überarbeitet. In diesen Verdingungsausschüssen befinden sich Interessevertreter verschiedenster Gruppen, so die öffentlichen Auftraggeber, Vertreter der Bauindustrie, des Handwerkes etc.
Vor diesem Hintergrund hat bereits im Jahr 1982 der BGH (AZ VII ZR 92/82; BGHZ 86, 135, 142) entschieden, dass eine Inhaltskontrolle einzelner Klauseln der VOB/B nicht stattfindet, wenn die wesentlichen Vorschriften der VOB/B in dem Vertrag übernommen werden. Dies deshalb nicht, da durch die Gesamtgeltung ein Interessenausgleich zwischen den Parteien stattfindet, auch wenn einzelne Klauseln den Auftraggeber oder den Auftragnehmer unangemessen benachteiligen im Sinne des § 307 BGB.
Sie haben Fragen oder benötigen weitere Informationen?
Hinterlassen Sie mir und meinem Familienservice-Team einfach eine Nachricht unter 0341-35540810. Oder senden Sie uns eine eMail an nutzer@familienfreund.de. Wir werden uns schnellstmöglich melden und klären, wie wir Sie unterstützen können.
Diese Rechtsprechung wurde durch den BGH in der Form ausgeweitet, dass die Privilegierung nur greift, wenn die VOB vollständig vereinbart ist (BGH, Urteil vom 22.01.2004, VII ZR 419/02; BGHZ 157, 346). Falls die VOB/B nicht vollständig vereinbart ist, so ist jede einzelne Klausel der Inhaltskontrolle zugänglich. Da faktisch fast jeder Vertrag eine kleine Abweichung der VOB enthält (z. B. verjährungsfristen) besteht seit 2004 die Gefahr, dass im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung einzelne Klauseln der VOB/B für unwirksam erklärt werden, auch wenn sie im Gesamtgefüge interessengerecht sind.
Mit einem neuerlichen Urteil des BGH (AZ: VII ZR 55/97 vom 24.07.2008) hat dieser die Privilegierung der VOB/B weiter aufgeweicht. Im Verhältnis zu Verbrauchern kommt es nicht mehr darauf an, ob die VOB/B im ganzen vereinbart wurde. Gegenteilig ist auch in diesem Fall jede einzelne Klausel der VOB/B einer vollständigen Inhaltskontrolle gemäß § 307 VOB/B unterworfen. Der BGH hat seine Ansicht damit begründet, dass im Verdingungsausschuss, in welchem der Interessenausgleich stattfindet, Verbraucherverbände nicht vertreten sind und mithin die Interessen von Verbrauchern dort auch nicht berücksichtigt werden. Es besteht bei Verträgen mit Verbrauchern mithin immer die Gefahr, dass einzelne Klauseln der VOB/B für unwirksam erklärt werden.
Vor diesem Hintergrund haben einzelne Interessenverbände bereits reagiert. So hat die „Arbeitsgemeinschaft Kreishandwerkschaft in den Freistaaten Sachsen und Thüringen e. V.“ einen Muster-BGB-Vertrag entworfen, der bei Verträgen mit Verbrauchern anstelle der VOB/B verwendet werden soll. Wir empfehlen Ihnen, sich über die Rechtslage bei den entsprechenden Interessenverbänden oder spezialisierten Rechtsanwälten im Einzelfall zu informieren und ggf. Ihr verwendetes Vertragsmuster anzupassen.
Wenn Sie Fragen haben und rechtliche Beratung suchen, bietet Ihnen die Dr. Fingerle Rechtsanwaltskanzlei einen Rund-um-Service. Die Kanzlei Dr. Fingerle Rechtsanwälte wurzelt in einer über 50-jährigen Tradition. Ihr mehr als zehnjähriges Engagement in Leipzig ist geprägt von stetigem Wachstum. Die Kanzlei ist überwiegend für Unternehmen und Institutionen tätig, darunter namhafte Versicherer, internationale Unternehmen und Träger öffentlicher Verwaltung. Darüber hinaus betreuen die Anwälte auch ausgewählte Privatmandanten.
Dr. Fingerle Rechtsanwälte Gbr
Ferdinand-Lassalle-Straße 22
04109 Leipzig
Tel.: +49 (0) 341/940167-0 / DW: -12
Fax: +49 (0) 341/940167-20
E-Mail: mail@dr-fingerle.de
www.dr-fingerle.de